Die MV Agusta F3 800 ist von Werk ab mit einer Anti-Hopping-Kupplung ausgestattet. Das ist vom Prinzip her sehr gut und nach einem Upgrade zum Blipper auch elementar, denn ohne Anti-Hopping-Kupplung (im folgenenden: AHK) wird es ungemütlich auf der Kanonenkugel. Doch bereits in meiner ersten Saison begann das bis dahin nicht vorhandene Thema Kupplung immer öfter an Gewichtung zu gewinnen und mir die ein oder andere Sorgenfalte mehr zu verschaffen. Denn die originale AHK hat im Rennstreckenbetrieb einen gehörigen Nachteil: hoher Reibscheibenverschleiß. Schon nach 3 Wochenenden auf der „Renne“ war die Kupplung am Ende und am Durchrutschen. Mehrere Versuche mit dünneren Stahlscheiben und dafür einer Reibscheibe mehr, verstärkte Kupplungsfedern oder die schmalere Reibscheibe durch eine volle Reibscheibe ersetzen, brachten auch im Jahr darauf keine Besserung. Zu allem Überfluss musste ich 2016 ein Rennen in Oschersleben aufgeben, da die Kupplung ihren Dienst versagte. Die Stimmung war am Tiefpunkt.
Nachdem ich 2017 ein Jahr Rennstreckenpause einlegte und sogar im Straßenbetrieb bergauf die Kupplung mit rutschen begann, war das Maß voll und ich besorgte mir eine Suter-Kupplung. Das Teil war nicht billig aber ich bin von der Funktion überzeugt. Für mich kam nur eine Kupplung mit Tellerfedern und ohne Spiralfedern in Frage. Deshalb beschränkt sich die Auswahl auf STM oder eben Suter. Letztere sind mir in dem Fall sympathischer, da die Funktionsweise der Suter-Kupplung für mein Verständnis optimaler ist und das Ausrücken der Druckplatte generell die bessere Lösung darstellt. Bei der herkömmlichen AHK wird immer der Kupplungskern ausgerückt. Somit begann im Juli 2017 der Umbau auf eben diese Kupplung vom schweizer Hersteller.
Die erste Überraschung zeigte sich bei der Demontage der originalen Kupplung, die übrigens vom japanischen Hersteller F.C.C. stammt – einem der weltweit größten Erstausrüster von Motorrad-Kupplungen. Der Kuppungskern verfügt auf der Rückseite über Kegelrollen, welche über die Rampen auf dem Gegenstück für das Ausrücken sorgen. Hier sind eigentlich Kugeln gängig. Aber gut. Über die Funktion der AHK an der MV konnte ich mich nicht beschweren. So lange Belag drauf war, verrichtete sie ihren Dienst. Desweiteren fiel mir auf, dass der Kupplungskern der Suter-Kupplung über mehrere und größere Ölbohrungen verfügt. Gut möglich, dass auch das für ein längeres Reibscheiben-Leben sorgen kann.
Bevor die Kupplung montiert wird, muss das Funktionsprinzip verstanden werden. Dafür ist die Stückliste der Kupplung sehr hilfreich, die bei Suter übrigens online frei verfügbar ist: Link
Suter hat hier eine clevere Lösung erarbeitet und kann mithilfe der Schrauben, welche die Druckplatte montieren, das Ausrückverhalten der AHK beeinflussen. Überhaupt gibt es zwei Faktoren, die an der Suter die Wirkweise der Kupplung maßgeblich steuern: Die Härte der zentralen, kleinen Tellerfeder (Torque Limiter Spring [8]) und der Abstand der Druckplattenschrauben [17]. Letzterer kann über die mitgelieferten und unterschiedlich starken U-Scheiben [16] angepasst werden. Je mehr U-Scheiben man montiert, desto später rückt die Kupplung ab und trennt den Kraftschluss. Wenn man sich die Stückliste mit dem Querschnitt der Kupplung anschaut, versteht man das Prinzip relativ gut. Ein Austausch der Tellerfeder [8] beeinflusst hingegen, bei welcher Kraft die Kupplung mit Arbeiten beginnt. Eine zu weiche Feder setzt dem Sekundärtrieb zu wenig Kraft entgegen und darunter leidet schließlich die spürbare „Motorbremse“ am Hinterrad, da die Kupplung zu zeitig in den Anti-Hopping-Modus übergeht. Auf der Straße ist das angenehm aber auf der Rennstrecke kontraproduktiv, denn das Bremsmoment des Hinterrrades wird hier zur Verzögerung benötigt. Im Falle der F3 800 habe ich die härteste der 3 mitgelieferten Federn mit 1300N montiert und bin damit absolut glücklich. Die Feder mit 1100N war für meinen Geschmack zu weich. Wer hier experimentieren möchte, für den hat Suter im Online-Shop ein Repertoire an Tellerfedern zur Auswahl.
Noch ein Thema zur Montage: Die Suter-Kupplung ist für beide F3’s bestimmt, also F3 800 und F3 675. Deshalb muss für die F3 800 eine Reibscheibe und eine Stahlscheibe geopfert werden, damit die Paketstärke der Kupplung passt. Für die F3 800 empfehle ich entgegen der Suter-Teileliste, die halbe Reibscheibe mit den Ringfedern und dem Federhaltering zu entfernen. Das wird übrigens auch von TSS bei deren AHK genau so empfohlen: Link zur TSS-Montageanleitung.
Für die Funktionsweise der Kupplung konnte ich überhaupt keine negativen Auswirkungen, weder auf der Straße, noch auf der Rennstrecke erfahren. Demzufolge ist es mit der Suter-Kupplung empfehlenswert nur noch volle Reibscheiben zu montieren.
Deckel zu und auf zur Probefahrt
Erste Erkenntnis: Was für ein Schleifpunkt und was für ein geschmeidiges Anfahren. Mit der originalen Kupplung war das so definitiv nicht möglich. Mit der Suter hat man tatsächlich das Gefühl, mit der linken Hand sprichwörtlich alles gefühlvoll in der Hand zu haben. Butterweich kuppelt es ein. Kein rucken, zucken, haken oder das Gefühl, kurz vorm Abwürgen des Motors zu sein, was sich noch später auf der Rennstrecke deutlich positiv bemerkbar machen sollte. Beim Runterschalten mit Blipper verrichtet die Kupplung unauffällig ihren Dienst, so wie es allerdings auch schon die F.C.C.-Kupplung tat. Jedoch der Verschleiß bleibt aus! Im Jahr 2018 fuhr ich mit der 2017 montierten Kupplung 8 Tage Rennstrecke und dabei 5 Rennen. Alles mit einem Satz Reib- und Stahlscheiben. Das Kupplungsspiel am Hebel blieb konstant, was keinen bis kaum Verschleiß bedeutet. Und das, obwohl ich eine Reibscheibe und eine Stahlscheibe weniger montiert habe. Verrückt, oder? Nach den Erfahrungen mit der originalen AHK ist das wahrlich ein Grund zur Freude. Leidensgenossen werden das nachvollziehen können.
Deshalb von mir eine ganz klare Empfehlung für die Suter-Kupplung.
Und wer jetzt vermutet, dass es sich hierbei um einen bezahlten Beitrag handelt, der irrt gewaltig. Ich habe alles normal gekauft, bezahlt und berichte jetzt aus meinen Erfahrungen und Erkenntnissen. Das Thema Kupplung ist mit dem Original der F3 leider extrem verbesserungswürdig. Jedem Rennstreckenfahrer würde ich den Wechsel auf eine Suter-Kupplung ans Herz legen. Solltet ihr keine Bezugsquelle finden, kann ich euch hier gern behilflich sein: Kontakt
Zum Abschluss noch zwei Hinweise: Die Stahlscheiben der Ducati-Trockenkupplungen passen 1A auf den Kern der MV und die Reib- und Stahlscheiben der Aprilia RSV4 passen ebenfalls exakt in die Kupplung der F3. Demzufolge würde ich behaupten, dass auch die Aprilia über eine Kupplung von F.C.C. verfügt.
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